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Rezension zu Robert Silverbergs Science-Fiction-Roman Die Jahre der Aliens
Eine Buchbesprechung von Rob Randall
In 1997 seinem erschienenen Roman die Jahre der Aliens nimmt sich Robert Silverberg, wie schon der Titel vermuten lässt, eines klassischen Themas der Science Fiction an: Der Invasion der Erde durch eine fremde Spezies aus den Weiten des Alls.
Obwohl sich durchaus Parallelen, vor allem zum Schluss des Textes, zu Wells berühmten Krieg der Welten erkennen lassen, hat der mehrfach mit dem Hugo-, Nebula-, und Locus-Award ausgezeichnete amerikanische Autor nicht einfach nur einen weitere lesbare Variante eines schon hinreichend bekannten Plots verfasst, sondern etwas durchaus eigenes geschaffen.
Übermächtige Aliens machen jeglichen Widerstand unmöglich
Zum einen sind die Aliens den Menschen haushoch überlegen; Gut, könnte man sagen, das gehört zum Genre des SF-Invasionsromans dazu, alle Autoren behaupten das. Es macht den Roman erst überhaupt möglich und hinreichend spannend. In Silverbergs Die Jahre der Aliens stimmt das aber endlich einmal wirklich: Gleich drei fremdartige Aliensspezies landen überall, greifen sich ein paar Geiseln, verweigern jegliche Kommunikation und schalten nach einem missglückten Angriff seitens irgendwelcher nationalen Armeen in Asien, Europa oder Asien weltweit jegliche Elektrik für einen Monat ab – und das wars auch schon mit der menschlichen Gesellschaft, wie wir sie kennen. Game over.
Ja? Ha!, könnte auch da der Experte sagen: Das sei doch immer so. Jetzt beginne doch die eigentliche Geschichte erst: Der Guerilla-Kampf der wagemutigen Helden gegen einen übermächtigen, fiesen und womöglich auch enorm hässlichen Gegner. Nicht so jedoch bei Silverberg. Die tonangebenden Aliens, welche irgendwie an Tintenfische erinnern, wirken nicht nur faszinierend schön auf die meisten Menschen, sondern sie machen jegliche Angriffe in ihrer Nähe durch telepathische Kräfte unmöglich. Und als doch einmal irgendwem irgendetwas gelingt, setzten die neuen Herrscher der Erde einen – vermutlich auf Nanotechnologie basierenden – vorbereiteten Erreger frei, der die Hälfte der Menschheit tötet (was angesichts der Zahl des Menschen auf diesem Planeten meiner Ansicht nach eine durchaus einleuchtende Strategie ist). Oder der Strom wird als erzieherische Maßnahme mal wieder abgestellt. Das ausbrechende Chaos genügt den meisten Menschen vollkommen, um sich mit der neuen Ordnung irgendwie zu arrangieren und als Quislinge in die Dienste der unnahbaren und bis zum Ende mysteriös bleibenden neuen Herren zu treten.
Eine amerikanische Musterfamilie vereint sich unter dem Banner der Freiheit
Recht eigen ist auch, dass Silverberg nicht durchgängig eine handvoll Helden ins Zentrum seines Romans stellt, sondern eine amerikanische Familie, die angesichts der Katastrophe auf der Familienranch wieder zueinander gefunden hat und sich selbst zunehmend als Kern des Widerstands und Keimzelle einer potentiellen neuen US-Gesellschaft versteht. Gut 55 Jahre begleitet der Leser die aufeinander folgenden Generationen, die sich immer wieder neu daran machen, irgendeinen Plan zu entwickeln, mittels dessen man den Gegner aus dem All endlich besiegen könnte, – und von seiner Durchführung dann doch lieber wieder abzusehen.
Silverbergs Mühe, eine WASP-Familie reinsten Wassers unter der Führung eines jeweiligen Clanoberhauptes zu entwerfen, wirkt dabei manchmal sehr befremdlich auf den deutschen Leser. Ich musste zumindest des öfteren an Bonanza denken, auch wenn Mr. Ben Cartwright hier (immer wieder übrigens) Anson Carmichael heißt. Zugute halten muss man angesichts der immer weiter zunehmenden Zahl an Figuren, dass es Silverberg gelingt, ihnen jenseits der republikanischen Familien-Stereotype jeweils eine eigenständige Persönlichkeit zu verschaffen. Da den meisten Figuren allerdings das Betätigungsfeld und der Raum fehlt, in welchem sie sich in den Augen des Lesers profilieren könnten, greift er hierfür ununterbrochen auf die direkte Charakterisierung in längeren Passagen zurück, welche nicht nur häufig Redundanzen erzeugt (leider habe ich nicht mitgezählt, wie oft irgendeiner Figur die typischen äußeren Merkmale der Familie zugeschrieben werden), sondern auch das Lesevergnügen hin und wieder deutlich schmälern. Wenn allerdings Silverberg einem Mitglied der Familie endlich einmal den Platz verschafft aus dem Clan heraus- und hervorzutreten, dann überzeugt die Figur stark.
Ein Roman mit Anlauf
Bevor Silverbergs Erzählstrategie in Die Jahre der Aliens richtig funktionieren kann, braucht der Roman allerdings ein wenig Zeit. Natürlich harrt man als Leser des beginnenden Gegenschlags der Helden. Doch dieser erfolgt wider Erwarten nicht – oder zumindest nicht so, wie man es aus anderen Romanen des Genres kennt. Das Spiel mit den Rezeptionserwartungen des Lesers betreibt Silverberg also ziemlich geschickt – man muss sich aber darauf einlassen – schließlich muss nicht jeder Invasionsroman mit Schlachtszenen im Military-SF-Stil aufwarten. Zugute halten muss man Silverberg auch, dass das Ende des Romanes – auch wenn hier wieder wie Wells Der Krieg der Welten deus ex machina die Rettung daherkommt – dem Roman nichts von seiner Gesamtatmosphäre nimmt. Etwas, das Weber in Der Widerstand überhaupt nicht gelungen ist.
Ein wenig Anlauf hat übrigens offensichtlich auch der Übersetzer gebraucht: Vor allem zu Beginn des Romanes fallen eine ganze Reihe fragwürdige Formulierungen ins Auge; so heißt es, um nur ein Beispiel zu nennen, welches mir zufällig in Erinnerung geblieben ist, dass die Ranch schon seit Generationen im Familienbesitz von seiner [Ansons] Frau war, anstatt: seit Generationen im Besitz der Familie seiner Frau.
Fazit
Silverbergs Roman Die Jahre der Aliens ist ein interessanter Vertreter des Genres, der zum einen ohne Spannungsverlust ruhiger daherkommt, als man es gewohnt ist, und zum anderen bekannte Erzählmuster gekonnt variiert. Noch besser hätte der Roman aber werden können, wenn Silverberg die Figurengestaltung, hin und wieder ein wenig anders angegangen wäre.