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Nix mit Klimaerwärmung: In Sterling Noels Roman Eiszeit wird gefroren
Eine Buchbesprechung von Rob Randall
In den späten 50er und frühen 60er Jahren erschien eine ganze Reihe Romane, in denen die Autoren das Bild einer neuen Eiszeit ausmalten – schließlich deuteten die damaligen Klimadaten auch eher auf eine Abkühlung denn auf eine Erwärmung des Planeten hin: So nahmen sich über 10 Jahre unter anderem der berühmte britische Autor John Christopher mit World in Winter (1962), Edmond Hamilton mit SOS – Die Erde erkaltet (1952) und Douglas R. Mason mit Stadt unter Glas (1966) dieses frostigen Szenarios an. Und mittendrin in dieser Reihe abgekühlter Literatur findet sich auch Sterling Noels mit 150 Seiten recht kurzer Roman Die fünfte Eiszeit aus dem Jahre 1959.
Ein Bericht aus dem Jahre 2203
Der Roman, den Noel als eine nachträgliche Schilderung der Ereignisse aus der Perspektive eines Augenzeugen entworfen hat, lässt schon von Beginn an keinen Zweifel daran aufkommen, dass die hereinbrechende Katastrophe nicht den Untergang der Menschheit – oder auch nur der Zivilisation bedeutet.
Denn zeit- und genretypisch wissen die Helden des Romans nicht nur recht frühzeitig darüber Bescheid, dass die Erde ein Feld kosmischen Staubes, welches die Sonneneinstrahlung reduziert, durchquert bzw. lange durchqueren wird, sondern es gelingt ihnen auch mittels diverser technischer Hilfsmittel, so lange unter den Eismassen in ihrer Behausung zu überleben, bis die eigens unter der Leitung eines hervorragenden Wissenschaftlers entworfenen Schneemobile fertig sind, womit der Plot des Romans in seiner Konzeption nicht wenig dem von Edwin Balmers und Philip Wylies Klassiker When Worlds collide ähnelt – unbelehrbare Politiker, die nicht auf das wissenschaftliche Genie hören wollen, mit eingeschlossen .
Drama und Amouren
Bis der Exodus in die wärmeren Äquatorregionen beginnen kann, vergeht also eine gewisse Weile – und so versucht Noel den Leser im ersten Teil des Romanes mit einigen abenteuerlichen Episoden und zwischenmenschlichen Dramen zu unterhalten: Mal muss in ein Nachbargebäude vorgedrungen werden, mal ein durchgedrehter Leidensgenosse unter Kontrolle gebracht werden. Vor allem setzt Sterling aber auf die erotischen Anziehungskräfte einer dunkelhaarigen und -äugigen Femme Fatale, die aufgrund ihrer hormonellen Ausstattung mitten in der Apokalypse keine andere Bestimmung findet, als jedem männlichen Wesen nachzustellen, das sie im Luxusiglu finden kann (Dieses inakzeptable Verhalten ist natürlich dann auch der Grund dafür, dass Noel sie das gelobte Land im Süden nicht erreichen lässt). Gott sei Dank gelingt es den meisten männlichen Expeditionsteilnehmern in spe aber, sich ihrer Attraktion zu entziehen – weshalb die Gemeinschaft - wenn auch nicht ohne Opfer – denn auch durch das unter mehreren Dutzend Metern Eis begrabene Amerika in Richtung Küste durchqueren kann. Wer weiß… heutigen Helden, die zudem nicht wie die Noels über ein gewissen Maß an Kenntnissen in Küchenpsychologie verfügen, wäre das vielleicht nicht mehr gelungen.
Nach dem Aufbruch tritt naturgemäß das Abenteuer ein wenig stärker in den Vordergrund: Mal wollen die Helden doch noch anderen Menschen helfen, mal dringen sie in die (jetzt) unterirdischen Tiefen der Städet vor, mal verschwindet ein Eismobil. Das unterhält durchaus – ist allerdings auch nicht sehr einfallsreich.
Fazit
Noels Roman Die fünfte Eiszeit ist nicht nur in vieler Hinsicht ein typischer Roman der 50er Jahre, sondern er bietet auch zu wenig kreative Einfälle, als dass man ihn aus der Menge der Werke besonders hervorheben könnte; weil Die fünfte Eiszeit handwerklich ganz ordentlich gemacht ist, unterhält der Roman durchaus, schmunzeln muss der heutige Leser aufgrund der zeitgenössischen Figurengestaltung aber dennoch.