Das Peak-Oil-Szenario
Zur Geschichte eines Genres
Eine literarisch immer häufiger anzutreffende Katastrophe, die zum Zusammenbruch unserer modernen Industrie- bzw. Informationsgesellschaften führen könnte, ist das Versiegen der Ölquellen bzw. das Peak-Oil-Szenario. Der Ölexperte Marion Hubbert prägte den Begriff Peak-Oil schon in den 50er Jahren, weil er annahm, dass die Quantität des geförderten Öls einzelner Erdölfelder ebenso wie die Menge der wirtschaftlich noch rentabel zu erschließenden Lagerstätten prognostizierbar sei. Peak Oil beschreibt dabei den Zeitpunkt, an dem die globale Erdölförderung ihr Maximum erreicht. Nach diesem globalen Ölfördermaximum sinkt Hubberts Voraussage nach die Produktion – unaufhaltsam – ab [siehe Diagramm], wenn nicht doch noch wundersame neue Techniken gefunden werden. Nachdem Hubbert das Fördermaximum für die U.S.A. richtig prognostiziert hatte, scheint er nun auch mit seiner Voraussage, dass am Anfang des 21. Jahrhunderts die globale Erdölförderung ihr Maximum erreichen würde, Recht zu behalten. Zumindest hat die Internationale Energieagentur festgestellt, dass das globale Fördermaximum im Jahre 2006 wohl erreicht worden sei, allerdings widersprechen dieser Behauptung zahlreiche Experten. Einige stellen sogar die Prognostizierbarkeit ganz in Frage [Für weitere Hintergrundinformationen siehe auch den entsprechenden, sehr umfangreichen Artikel auf Wikipedia sowie das Portal Ölschock.de].
Das vermeintliche Überschreiten des globalen Ölfördermaximums hat in den letzten Jahren schnell seinen literarischen Niederschlag in der prä- und postapokalyptischen Literatur gefunden: In den Romanen Last Light von Alex Scarrow aus dem Jahr 2007 und in den Thrillern Global Warning von Kyle Mills und Black Monday von R. Scott Reiss aus dem Jahr 2008 wird die Erdölproduktion noch sabotiert, dennoch stellt das zentrale Problem das weltweite Versiegen der Ölquellen dar.
Andreas Eschbach zeichnet in Ausgebrannt (2007) ein das Genre des Thrillers sprengendes Bild von den Folgen, die das langsame Versiegen der Erdölquellen für unsere Gesellschaft haben könnte, wenn nicht doch noch alternative Energiequellen als Substitution erschlossen werden. Das gilt auch für den präapokalyptischen Roman Prelude von Kurt Cobb von 2010. Doch allen diesen Romanen scheint übrigens die deutsche Autorin Eva Marbach mit ihrem Romanen Jenseits des Ölgipfels. Ein Peak-Oil-Roman (2005) und Peakoil Reloaded (2008), in welchen ebenfalls die Folgen der verringerten Erdölproduktion im Zentrum stehen, zeitlich voranzugehen.
So wie James Kunstler 2008 in World made by hand gestalten John Cape und Laura Buckner 2009 in Oil Dusk dann endgültig das postapokalyptische Szenario aus und schildern das Leben in den U.S.A. nach dem Zusammenbruch der Gesellschaft, wie wir sie kennen. 2010 erscheint dann schon ein Jugendbuch, Ship Breaker, von Paolo Bacigalupi dessen Handlung ebenfalls in einer Post-Peak-Oil-Welt spielt. Dieses gilt auch für seinen Roman The Windup Girl aus dem gleichen Jahr, der in einer schon in Kurzgeschichten aus den Jahren 2006 und 2007 entworfenen öllosen Welt spielt.
Philosphisch und gleichzeitig literarisch setzt sich dann 2010 der berühmte Douglas Coupland in seiner Erzählung Player One. What is to become of us, die im Rahmen der Massey Lectures entstanden ist, mit dem Thema auseinander.
Somit lässt sich feststellen, dass sich innerhalb weniger Jahre ein kleines Subgenre des Katastrophenthrillers bzw. des Endzeitromans etabliert hat, das bestimmt noch von weiteren Autoren in den nächsten Jahren ausgestaltet werden wird. Falls wir nicht sogar selbst die Hauptrolle spielen – wie Marion Hubbert vorausgesagt hat.